In den Medien kursiert, der momentanen Lage geschuldet, mal wieder das ungeflügelte Wort der „German Angst“.
So titelt n-tv online
am 16.12. dieses Jahres: Banger Blick ins
Jahr 2016 ̶ Die "German Angst" ist wieder da. Humanitäre
Krise, Terrorattacken, Rechtsruck in Europa - viele Deutsche schauen wenig
zuversichtlich in die Zukunft. Besonders die mittlere Generation ist
pessimistisch. Mit der Rückkehr der "German Angst" sinkt das
Vertrauen in die Politik.
In der Einleitung
des Artikels heißt es weiter: Die
Mehrheit der Deutschen blickt nach einer neuen Umfrage eher mit Angst als mit
Zuversicht auf das kommende Jahr. In einer repräsentativen Studie stellte das
Meinungsforschungsinstitut GfK im Auftrag der Hamburger Bat-Stiftung für
Zukunftsfragen einen starken Stimmungsumschwung im Vergleich zu den Vorjahren
fest. Während sich aktuell 55 Prozent der Befragten angsterfüllt zeigten, waren
es im Vorjahr nur 31 Prozent, 2013 lediglich 28 Prozent. Der wissenschaftliche
Leiter der Stiftung, Ulrich Reinhardt, sprach von einer Rückkehr der
"German Angst".
Wer den Artikel
im Original lesen will:
Die Studie dazu
findet sich hier:
http://www.stiftungfuerzukunftsfragen.de/newsletter-forschung-aktuell/265.html
Ein Konstrukt
Befasst man sich näher mit dem Begriff German Angst und mit dem Hauptbegriff Angst, so wird einem deutlich, wie tendenziös und manipulativ das Konstrukt „German Angst“ ist. Der Germanismus Angst wird durch den englischen Zusatz German zu einem eigenständigen nationalen Negativattribut, das man uns im letzten Jahrhundert aufgrund damalig herrschender Verhältnisse aufgestempelt hat (siehe dazu den amerikanischen Historiker Arno J. Mayer). Man kann (die) Angst als solche beliebig mit jedem anderen Land oder Kontinent der Welt verbinden. So existiert ebenfalls eine French Angst vor erneuten Anschlägen oder eine Polish, Danish, Swedish Angst vor Flüchtlingen. Es braucht wohl nicht mehr lange, bis wir im Zuge der europäischen Politik von der European Angst lesen werden.
Tierische Angst
Ein Konstrukt
Befasst man sich näher mit dem Begriff German Angst und mit dem Hauptbegriff Angst, so wird einem deutlich, wie tendenziös und manipulativ das Konstrukt „German Angst“ ist. Der Germanismus Angst wird durch den englischen Zusatz German zu einem eigenständigen nationalen Negativattribut, das man uns im letzten Jahrhundert aufgrund damalig herrschender Verhältnisse aufgestempelt hat (siehe dazu den amerikanischen Historiker Arno J. Mayer). Man kann (die) Angst als solche beliebig mit jedem anderen Land oder Kontinent der Welt verbinden. So existiert ebenfalls eine French Angst vor erneuten Anschlägen oder eine Polish, Danish, Swedish Angst vor Flüchtlingen. Es braucht wohl nicht mehr lange, bis wir im Zuge der europäischen Politik von der European Angst lesen werden.
Tierische Angst
Angst ist laut Wikipedia „ein Grundgefühl, welches sich in als bedrohlich
empfundenen Situationen als Besorgnis und unlustbetonte Erregung äußert.
Auslöser können dabei erwartete Bedrohungen etwa der körperlichen
Unversehrtheit, der Selbstachtung oder des Selbstbildes sein. Krankhaft
übersteigerte Angst wird als Angststörung bezeichnet.“
Angst ist nichts
Nationales. Angst ist weltimmanent. Angst ist immer und überall. Und sie ist nicht
nur menschlich — auch Tiere kennen sie. Das wissen nicht nur Katzen- und
Hundebesitzer zu Silvester …
Wer die tierische Angst in für sich möglicherweise
kathartischer Reinkultur erfahren will, der begleite Rinder, Schweine, etc.
wenn sie zum Schlachter geführt werden. Hautnah zu beobachten, wie panisch die
Tiere sich mit aller Kraft gegen ihren Totschlag, eigentlich per definitionem Mord,
wehren, hat schon manchen zum Vegetarier werden lassen.
Viele Gesichter
Die Angst zeigt sich mannigfaltig. Jeder kennt sie. Kein Mensch, der sie nicht schon einmal erlebt hat, als Versagensangst vor und bei Prüfungen, als Existenz- und Verlustangst, als Angst vor der Zukunft und neuerdings auch Angst vor Entfremdung. Die Angst erscheint auch unter Namen wie Furcht oder Bangen, als Grauen, Schauder, gar Horror. Oder in subtileren Formen wie Unruhe oder Beklemmung.
Je nachdem in welcher Form und in welcher Intensität uns die Angst ereilt, zittern wir, erblassen oder erbleichen. Uns stockt der Atem, wir hyperventilieren, uns wird schwarz vor Augen. Wir erstarren oder brechen in Schweiß aus. Wir bekommen weiche Knie, klappern mit den Zähnen, oder schlägt uns das Herz bis zum Hals. Wir stottern oder bekommen gar kein Wort mehr heraus. Uns ereilt Magendrücken, Durchfall, oder wir machen uns in die Hose. Wir wälzen uns im Bett und wachen schweißgebadet auf.
ICD-10 und
DSM-5
Das sind nicht die neuen Star Wars Roboter, sondern Abkürzungen für zwei internationale medizinische
Klassifizierungssysteme, in denen die Psychologie und Psychotherapie mit diversen
Angststörungen gut vertreten sind. Dort geht es jedoch um pathologische Ausprägungen, ich spreche hier von
sogenannten normalpsychologischen und situativ bedingten Angstformen.
Man muss kein
Deutscher, kein Europäer sein, um angesichts der vielfältigen und komplexen gesellschaftlichen Vorfälle
und Veränderungen diverse Formen von Angst zu entwickeln. Es genügt wie gesagt,
einfach nur ein normaler Mensch (oder Tier — als weiterentwickelte Primaten
sind wir nicht weit davon entfernt) auf diesem Planeten zu sein, um Angst zu
haben, beziehungsweise Angst in ihren vielfältigen Erscheinungsformen erleben
zu können.
Angst und Bewusstheit im Living Dō
So ist es nicht die Angst als Phänomen an sich, sondern deren Ursache(n) und Auswirkung(en). Woher rührt sie? Was oder wer löst sie wie in mir aus? Wie gehe ich damit um? Bekämpfe ich sie? Mache ich sie zu meinem Verbündeten? Versöhne ich mich mit ihr? Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Angst zu begegnen. Ist sie immer mein Feind, der mir Schlechtes will, oder kann sie sogar mein Mentor sein, der mich vor etwas beschützen will?
Diese Fragen münden in just jenen Aspekt, den ein Living Dōjin auf seinem ganzen Lebensweg begleitet: Bewusstwerdung, Bewusstsein. Die 8 Triaden mit den insgesamt 24 Aspekten können helfen, sich seiner selbst, damit seiner Gedanken und seiner Gefühle, dazu gehört die Angst, bewusst(er) zu werden. Im Living Dō geschieht das in drei Schritten:
1) Das innere Zitieren ausgesuchter Aspekte, zum Beispiel: „Atmung“, „Konzentration“ und „Klarheit“.
2) Die formelhafte Umsetzung: „Ich atme ruhig und tief“, „Ich bin klar und konzentriert“.
3) Seine Gedanken und Gefühle beobachten, sie beeinflussen und letztlich die Angst durch die selbst geschaffene Ruhe und Klarheit umwandeln oder auflösen.
Living Dō ist (wie die Angst) überall und immer. Living Dō ist weder German, weil es von einem solchen kreiert wurde, noch Japanese, weil es Techniken und Inhalte aus dem Budō enthält. Living Dō fußt auf Embodiment, und das kennt keine nationalen Attribute.
Frohe Festtage. Bis zum nächsten Jahr.
Dazu noch ein besinnlicher Take von James Joshua Otto, "Revelation":