Post zu meinem Facebook-Kommentar vom 24.8.2014 zum Birkenbihl-Clip über Erziehung und Normalität und der Frage: Warum sind wir so, wie wir sind?
Ambivalenzwesen
Wir Menschen sind nicht nur Angst-
und Verdrängungswesen. Wir sind Ambivalenzwesen.
Unter Ambivalenz versteht die Psychologie das Nebeneinander von gegensätzlichen Gefühlen, Gedanken
und Aussagen. Die Ambivalenz kennt verschiedene Ausprägungen und reicht bis zur
Hassliebe. Wer sich näher mit diesem Phänomen auseinandersetzen will, findet erschöpfend
darüber im Netz. Von mir sei hier nur eine Empfehlung gegeben, sie führt quasi
zu den Roots, einem Bericht über einen Vortrag des Begriffserfinders der
Ambivalenz, dem schweizerischen Nervenarzt Eugen Bleuler: http://www.sgipt.org/medppp/gesch/ambiv-g.htm

Anlagen — Umwelt — Erziehung
Die Formel Anlagen – Umwelt –
Erziehung ist ein zwar recht vereinfachtes, dennoch schlüssiges und wissenschaftlich
anerkanntes Erklärungsmodell für die Frage nach unserem Wesen. Es steht außer
Zweifel, dass unsere genetische Dispostion einen prägenden Anteil an unserem Leben hat, ebenso prägte und prägt uns die
Umwelt mit ihren eigenen sozialen Gesetzmäßigkeiten, in der wir aufwachsen, und letztlich ist es die Art und Weise wie wir erzogen worden sind,
beziehungsweise, wie wir uns ab einem bestimmten Alter selbst erzogen haben.
Es
macht einen Unterschied, ob ich als kraftstrotzendes Sunnygirl (Anlagen) einer Surferfamilie (Erziehung) auf Hawaii (Umwelt) groß wurde, oder als schmächtiges Mädchen (Anlagen) in Somalia (Umwelt). Dem ersten locken der Strand, die Boys und die Wellen, zweitem droht der Tod durch ungestillten Hunger, Soldaten oder durch die grausame Marter der Beschneidung (Erziehung).

Psycho-soziale Verstrickungen
Unsere Anlagen entscheiden nicht nur ob wir groß oder klein, blond oder schwarz, braun- oder blauäugig sind, sie wirken ebenfalls auf unsere psychische Konstitution, unseren Charatktertypus, auf das, was wir als unser Naturell sehen, die Art und Weise, wie wir den Dingen des Alltags begegnen. Sind wir cholerisch oder melancholisch? Scheuen wir Anforderungen oder brauchen wir sie? Suchen wir geradezu immer und überall Herausforderungen oder haben wir Angst vor ihnen? Wie reagierten unsere Eltern auf unser Wesen? Wie waren, beziehungsweise sind sie konditioniert (worden) und wie haben sie uns konditioniert? Den gebrechlichen Bruder hat man mit Samthandschuhen angefasst, während man der aufsässigen Schwester mit Ohrfeigen beizukommen suchte. Was ist aus unserer Kindheit erwachsen? Woher rühren unsere jetzigen Glaubenssätze, unsere Überzeugungen? Unsere Ängste und Zweifel? Woraus schöpfen wir im Gegenzug Mut und Zuversicht? Welche Lebensräume suchen wir uns aus, wo und mit wem glauben wir am besten zu leben? Als Single in der Großstadt, als Familenmensch auf dem Dorf, als Aussteiger in den Bergen? Wollen wir Millionär werden, Filmstar oder Gangsta-Rapper, oder sehen wir unsere Vorbilder bei Mutter Theresa oder dem Dalai Lama?
Ambivalenz und Logik
Psycho-soziale Verstrickungen
Unsere Anlagen entscheiden nicht nur ob wir groß oder klein, blond oder schwarz, braun- oder blauäugig sind, sie wirken ebenfalls auf unsere psychische Konstitution, unseren Charatktertypus, auf das, was wir als unser Naturell sehen, die Art und Weise, wie wir den Dingen des Alltags begegnen. Sind wir cholerisch oder melancholisch? Scheuen wir Anforderungen oder brauchen wir sie? Suchen wir geradezu immer und überall Herausforderungen oder haben wir Angst vor ihnen? Wie reagierten unsere Eltern auf unser Wesen? Wie waren, beziehungsweise sind sie konditioniert (worden) und wie haben sie uns konditioniert? Den gebrechlichen Bruder hat man mit Samthandschuhen angefasst, während man der aufsässigen Schwester mit Ohrfeigen beizukommen suchte. Was ist aus unserer Kindheit erwachsen? Woher rühren unsere jetzigen Glaubenssätze, unsere Überzeugungen? Unsere Ängste und Zweifel? Woraus schöpfen wir im Gegenzug Mut und Zuversicht? Welche Lebensräume suchen wir uns aus, wo und mit wem glauben wir am besten zu leben? Als Single in der Großstadt, als Familenmensch auf dem Dorf, als Aussteiger in den Bergen? Wollen wir Millionär werden, Filmstar oder Gangsta-Rapper, oder sehen wir unsere Vorbilder bei Mutter Theresa oder dem Dalai Lama?
Ambivalenz und Logik
Alle drei Teile dieser Formel
sind Gegenstand umfangreicher Forschung; man kann darüber sein ganzes Leben lang studieren. Letztlich steckt in dieser Formel auch eine/die Antwort für
unsere Ambivalenz. Diese hat - naturgemäß - einen gewichtigen Anteil an unserem
widersprüchlichen Verhalten. Wir sind aufgrund der komplexen Dreiheit
Anlagen — Umwelt — Erziehung, die im Grunde nur eine schematische Dreiheit ist,
da jeder der drei Begriffe unzählige Unterbegriffe in sich trägt, zwangsläufig
als widersprüchliche Wesen angelegt. Unsere neurologischen Strukturen sind
vernetzte, komplexe Gebilde, die keiner mathematischen Logik folgen, sondern das Gegenteil tun. Logik ist in der Natur nicht angelegt, sie ist ein Konstrukt der Menschen. Der Trugschluss, die Logik auf unser menschliches Verhalten zu transportieren liegt nahe, da wir zwar linear denken (wir können nicht zwei Gedanken zur gleichen Zeit denken, sondern immer nur einen einzigen, selbst wenn die Aufeinanderfolge rasend schnell geht), aber nicht unbedingt linear handeln und schon gar nicht linear fühlen.
Denken und Fühlen - Das biochemische Yin Yang
Denken kann logischen Gesetzmäßigkeiten folgen, wenn es erlernt wurde, wenn die - konstruierten - Gesetzmäßigkeiten der Logik verstanden wurden; dann ist ein Grundschüler in der Lage intellektuell die Rechnung 1 + 1 = 2 zu reproduzieren, und aufgrund der verstandenen Logik andere Rechnungen gleicher Konstruktion auszuführen. Was er dabei fühlt, ist eine ganze andere Frage. Er wird sich gut fühlen, wenn er die Rechnung erfolgreich ausgeführt hat, wenn sein Resultat mit der Vorgabe übereinstimmt. Was aber fühlt ein Schüler in der Oberstufe, wenn sich ihm die Logik der Mathematik nie erschlossen hat, er aber gezwungen ist, für den Abschluss seiner Schullaufbahn mathematische Formeln wie zum Beispiel diese hier zu erklären oder mittels ihr komplexe Aufgaben zu lösen?

Gefühle und Gedanken lassen sich nicht voneinander trennen. Sie sind ständig in Bewegung und interagieren mit einander, deswegen bezeichne ich sie auch als biochemisches Yin und Yang.
Die menschliche Tragikommödie
Denken und Fühlen - Das biochemische Yin Yang
Denken kann logischen Gesetzmäßigkeiten folgen, wenn es erlernt wurde, wenn die - konstruierten - Gesetzmäßigkeiten der Logik verstanden wurden; dann ist ein Grundschüler in der Lage intellektuell die Rechnung 1 + 1 = 2 zu reproduzieren, und aufgrund der verstandenen Logik andere Rechnungen gleicher Konstruktion auszuführen. Was er dabei fühlt, ist eine ganze andere Frage. Er wird sich gut fühlen, wenn er die Rechnung erfolgreich ausgeführt hat, wenn sein Resultat mit der Vorgabe übereinstimmt. Was aber fühlt ein Schüler in der Oberstufe, wenn sich ihm die Logik der Mathematik nie erschlossen hat, er aber gezwungen ist, für den Abschluss seiner Schullaufbahn mathematische Formeln wie zum Beispiel diese hier zu erklären oder mittels ihr komplexe Aufgaben zu lösen?
Gefühle und Gedanken lassen sich nicht voneinander trennen. Sie sind ständig in Bewegung und interagieren mit einander, deswegen bezeichne ich sie auch als biochemisches Yin und Yang.
Die menschliche Tragikommödie
Durch die ständige Vermischung von Gefühlen, Gedanken und Stimmungen, hervorgerufen unter anderem durch die täglich wechselnden Formen von Alltagskonfrontationen, die wir intern bewerten und mit unserem Innern abgleichen, ist es
im wahrsten Sinne des Wortes menschlich, dass wir unlogisch und widersprüchlich denken, fühlen und handeln. Das Tragikomische daran ist, dass wir wider
besseres Wissen (und Fühlen) handeln, sogar gegen uns selbst:
Die rauchende Ärztin, die alles
über ihr Laster weiß, schafft es nicht
aufzuhören; der übergewichtige Diabetiker Typ-2b kann die Nussschnecke nicht beim Bäcker lassen, der Berufskraftfahrer nicht die Finger vom Alkohol. Diesen Beispielen
stehen ungezählte andere an, wie der liebende Familienvater, der fremdgeht; die
verheiratete Hausfrau und Mutter, die sich prostituiert; der Ladendieb, der nicht aus sozialer Not klaut; der unbestechliche Beamte, der die Hand aufhält, oder der Schwarzarbeiter, der auf die schlechte Wirtschaftslage schimpft und mit großem Wagen
zur Baustelle fährt. Dagegen mutet der Veganer, der Lederschuhe trägt, geradezu harmlos an.
Trick 17 mit Selbstüberlistung
Als Homo sapiens haben wir
gelernt, unser angebliches Fehlverhalten zu erkennen, zu analysieren und zu
interpretieren. Wir haben gelernt, unser Denken und unser Tun in den
gesellschaftlichen Kontext zu stellen, zu vergleichen, und die positiven wie negativen Folgen
abzuschätzen. Wir stellen einfache
Rechnungen auf - ein Abwägen der Preise -, die bestenfalls zu unseren Gunsten, im zweitbesten Fall
neutral, und nur in Ausnahmefällen zu unseren Ungunsten aufgehen sollen. Wir unterziehen
— bewusst oder unbewusst — unser Handeln einer persönlichen Prüfung der
Folgen, die daraus direkt wie indirekt
erwachsen könn(t)en. Warum statten wir den Schwiegereltern den Sonntagsbesuch
ab, obwohl wir sie eigentlich nicht mögen, oder belegen den Tanzkurs mit dem
Lebenspartner, wenngleich wir das als spießig empfinden? Warum duschen wir ausgiebig, parfümieren uns, brezeln uns auf und stylen uns nach den neuesten Trends, wenn wir auf die Piste gehen, obwohl wir im Laufe es Abends zugequalmt und von Autoabgasen eingenebelt werden und: einen Partner haben? Wollen wir nur für ihn so schön sein, oder spielt da nicht doch noch etwas anderes mit hinein?
Vollbärtig und blankbrüstig
Die Antwort, warum junge Männer sich wieder Vollbärte wachsen lassen und sich im Gleichzug die Brust rasieren, obwohl dies unlogisch erscheint, da beides als männliche Auszeichnung empfunden wird, und im Doppelpack noch verstärkt wirken sollte, liegt für denjenigen auf der Hand, der nicht nur die obigen Ausführungen nachvollziehen, sondern diese im Kontext unserer zeitgenössischen westlichen Kultur mit ihren ganz bestimmten Idealen interpretieren kann. Vollbärte waren im Mittelalter Usus, in den 80ern war Brusthaartoupet mit Panzergoldkette angesagt, die man, das Hemd bis zum Bauchnabel aufgeknöpft, stolz präsentierte. Nicht die Saunagänger haben die Intimrasur propagiert, sondern die Pornoindustrie; so wie die haarlose Brust aus der Body Builder-Szene kommt, die sich wiederum seit ihren Anfängen die Statuen griechischer Götter zum Vorbild nahmen. Über einschlägige Medien wie Men's Health wird vehement versucht, diese Subkulturen auch für Normalos alltagstauglich zu machen - letztlich geht es hier um Konsum, da muss man schon ein wenig Aufwand betreiben, um den Leuten die Kohle aus der Tasche zu ziehen.
Nach den Winzbrillen, kamen die Nerdbrillen dann die gefärbten Übergrößen im Wespenaugenformat. Nächstes Jahr stehen vielleicht wieder die Nickelbrillen an. Die Mode-, Film-, Unterhaltungs-, ...-Industrie kann uns Jahr für Jahr, tagaus tagein mit jedem Trendscheiß behelligen, Hauptsache, wir haben das - trügerische - Gefühl der Selbstbestätigung.
Das Paradoxon unserer Zeit
Fazit: Unser ambivalentes Wesen
bringt ambivalentes Verhalten hervor und dieses wiederum ambivalente Erscheinungen. Dr. Bob Moorehead, Pastor an
der Overlake Christian Church in
Redmond, Washington, hat dies in einer Predigt, 1995 gehalten, eindrucksvoll und nachhaltig ausgeführt. Auf YouTube gibt es mehrere Clips davon. Bei diesem hier fehlt leider der Rest der Predigt. Die Übersetzung habe ich etwas überarbeitet, sie ist aber meines Wissens vollständig.
Das Paradoxon unserer Zeit
"Wir
haben hohe Gebäude, aber eine niedrige Toleranz, breitere Autobahnen, aber engere
Ansichten. Wir verbrauchen mehr, aber haben weniger, kaufen mehr ein, aber
haben weniger Freude daran.
Wir haben größere Häuser, aber kleinere Familien, mehr Bequemlichkeit, aber weniger Zeit, mehr Ausbildung, aber weniger Vernunft, mehr Kenntnisse, aber weniger Verstand, mehr Experten, aber auch mehr Probleme, mehr Medizin, aber weniger Gesundheit.
Wir rauchen zu stark, wir trinken zu viel, wir geben verantwortungslos viel aus; wir lachen zu wenig, fahren zu schnell, regen uns zu schnell auf, gehen zu spät schlafen und stehen zu müde auf; wir lesen zu wenig, sehen zu viel fern und beten zu selten.
Wir haben unseren Besitz vervielfacht, aber unsere Werte reduziert. Wir sprechen zu viel, wir lieben zu selten und wir hassen zu oft. Wir wissen, wie man seinen Lebensunterhalt verdient, aber nicht mehr, wie man lebt.
Wir haben dem Leben Jahre hinzugefügt, aber nicht den Jahren Leben. Wir kommen zum Mond, aber nicht mehr an die Tür des Nachbarn. Wir haben den Weltraum erobert, aber nicht den Raum in uns. Wir machen größere Dinge, aber keine besseren.
Wir haben die Luft gereinigt, aber die Seelen verschmutzt. Wir können Atome spalten, aber nicht unsere Vorurteile.
Wir schreiben mehr, aber wissen weniger, wir planen mehr, aber erreichen weniger. Wir haben gelernt schnell zu sein, aber wir können nicht warten. Wir schaffen neue Computer, die mehr Informationen speichern und eine Unmenge Kopien produzieren, aber wir verkehren weniger miteinander.
Es ist die Zeit des schnellen Essens und der schlechten Verdauung, der großen Männer und der kleinkarierten Seelen, der leichten Profite und der schwierigen Beziehungen.
Es ist die Zeit des größeren Familieneinkommens und der Scheidungen, der schöneren Häuser und des zerstörten Heime.
Es ist die Zeit der schnellen Reisen, der Wegwerfwindeln und der Wegwerfmoral, der One-Night-Stands und des Übergewichts.
Es ist die Zeit der Alleskönner-Pillen, die uns erregen, uns beruhigen, uns töten.
Es ist die Zeit, in der es wichtiger ist, etwas im Schaufenster zu haben, statt im Laden, in der moderne Technik einen Text wie diesen in Windeseile in die ganze Welt tragen kann, und sie die Wahl haben, das Leben zu ändern oder den Text zu löschen.
Vergesst nicht, mehr Zeit denen zu schenken, die Ihr liebt, weil sie nicht immer mit Euch sein werden.
Sagt ein gutes Wort denen, die Euch jetzt voll Begeisterung von unten her anschauen, weil diese kleinen Geschöpfe bald erwachsen und nicht mehr bei Euch sein werden. Schenkt dem Menschen neben Euch eine innige Umarmung, denn sie ist der einzige Schatz, der von Eurem Herzen kommt und Euch nichts kostet. Sagt dem geliebten Menschen: „Ich liebe Dich" und meint es auch so. Ein Kuss und eine Umarmung, die von Herzen kommen, können alles Böse wiedergutmachen. Geht Hand in Hand und schätzt die Augenblicke, in denen Ihr zusammen seid, denn eines Tages wird dieser Mensch nicht mehr neben Euch sein.
Findet Zeit Euch zu lieben, findet Zeit miteinander zu sprechen. Findet Zeit, alles was Ihr zu sagen habt miteinander zu teilen, denn das Leben wird nicht gemessen an der Anzahl der Atemzüge, sondern an der Anzahl der Augenblicke, die uns des Atems berauben."
Ein ergreifender Text, den man nicht nur einmal lesen sollte. Ich schließe mich dem Inhalt an, und auch dieser Blog, wie letztlich die Idee des Living Dō in seiner Gesamtheit, mündet in der Botschaft dieser Predigt, selbst wenn der Weg vom Living Dô zum Loving Dô noch dauern muss.
In diesem Sinne: Keep on going strong. Bis zum nächsten Post Ende September.