Im letzten Post habe ich wegen Yokos Kritik versprochen, mir Gedanken zu machen, wie und worüber ich in diesem Blog schreiben möchte. Ich habe mir erst mal fünf Punkte vorgenommen:
- Es soll kein Allerweltsblog sein, indem ich mit täglich geposteten Allgemeinplätzen oder Belanglosigkeiten die Zeit meiner Leser stehle.
- Es sollen Posts sein, die aktuelle psychologische und soziologische Themen aus dem Alltag aufgreifen, die im Grunde jeden angehen.
- Sie sollen anspruchsvoll sein und den geneigten Leser — ganz nach Prof. Dr. Gerald Hüther, den ich weiter unten noch näher erwähne — „einladen, ermutigen und inspirieren“, sich weiter und tiefer mit diesen Themen zu befassen.
- Sie sollen die Inhalte des Living Dō näher bringen und gemäß dem Attribut Art of Synergy Verbindungen zu ergänzenden Systemen und Denkweisen aufzeigen.
- Sie sollen ab diesem Juli in regelmäßigem zweiwöchentlichen Abstand erscheinen.
Hirnforschung
Warum das so ist und welche Konsequenzen das hat, wissen die Hirnforscher mittlerweile
recht gut. Einer von ihnen ist der bereits oben genannte Dr. Hüther, der in
seinem Buch „Was wir sind und was wir sein könnten“ aufschlussreich darüber schreibt.
Ich möchte diese Lektüre jedem ans Herz legen, dem an seiner persönlichen
Weiterentwicklung gelegen ist, und den die aktuellen wissenschaftlichen
Erkenntnisse über unser Denken, Fühlen und Verhalten interessieren. Das Buch öffnet
einem die Augen über die Chancen und Risiken unserer menschlichen Entwicklung.
Prof. Hüther und Living Dō
Zudem schlägt das Buch Brücken zu Living Dō, wenn Hüther unter
anderem schreibt (s. S.134), dass Erfahrungen immer gleichzeitig auf der kognitiven, auf
der emotionalen und auf der körperlichen Ebene in Form entsprechender Denk-,
Gefühls-, und körperlicher Reaktionsmuster verankert und aneinander gekoppelt
(,Embodiment‘) werden. „Aus diesem Grund sind alle späteren Versuche, die
Stressbewältigungsfähigkeit von Menschen durch kognitive Fortbildungsprogramme
zu verbessern, zwangsläufig zum Scheitern verurteilt, wenn dabei nicht gleichzeitig
die emotionalen (Gefühle, Einstellungen, Haltungen) und die körperlichen Ebenen
(Bewegung, Körperbeherrschung, Körperhaltung) mit einbezogen werden." Diese Einbeziehung ist bei Living
Dō gegeben. Das Bestimmende an diesem Lebenskonzept ist ja gerade eben, dass es
die von Hüther explizit angesprochene direkte Verknüpfung von Körper und Geist herstellt.
Mehr als nur dasitzen und zuhören
Während in Vorträgen oder Seminaren gesetzmäßig doziert
wird, und die Teilnehmer nur dasitzen und zuhören, integriert das Living Dō die gängigen Lebensthemen
unmittelbar in das körperliche Training. Nur Dazusitzen und zuzuhören
ist wie die Lernforschung bewiesen hat, nach bloßem Lesen die zweitschlechteste Art,
Informationen im Gedächtnis zu speichern. Die Anteile des Behaltens von Lerninhalten
gliedert sich wie folgt: Mehr als nur dasitzen und zuhören
10% behalten wir durch Lesen
20 % durch Hören
30%
durch Sehen
50% durch Hören und Sehen
70% durch selbst darüber sprechen
90 % durch selbst ausprobieren und
ausführen.
Der wesentlichste Faktor
dabei ist allerdings die persönliche Bewertung der Information — wir behalten
nur das, was uns persönlich wichtig ist. So ist es zu erklären, dass es
interessierte Leser gibt, die sehr viel behalten und reproduzieren können,
während wiederum Uninteressierte auch nach aktivem Üben wieder rasch vergessen.
Living Dō wendet sich ausschließlich an Interessierte, an jene, denen die persönliche Entwicklung wichtig ist, und die nach Wegen Ausschau halten, die ihnen dazu eine Hilfe sind. Nur bei diesen kann Living Dō seine Kraft entfalten. Das gilt im Übrigen für alle mentalen und körperlichen Systeme, und ist damit selbstredend.
Das entscheidende Kriterium von Living Dō ist also das direkte Zusammenbringen von theoretischen Inhalten mit dem körperlichen Erfahren von Kampfkunsttechniken im aktiven Training.
Living Dō und Powerposing
Ein einfaches Beispiel: In der
Kommunikationspsychologie wird unterschieden in verbal und nonverbal; zweite geschieht durch die Körpersprache. Eines
der bekanntesten Zitate dazu ist wohl Paul Watzlawicks „Man kann nicht nicht
kommunizieren.“ Die renommierte amerikanische Psychologin Amy Cuddy referiert in ihren
Vorträgen über sogenanntes Powerposing: "Body language affects how others
see us, but it may also change how we see ourselves. ,Power posing’ — standing
in a posture of confidence, even when we don't feel confident — can affect
testosterone and cortisol levels in the brain, and might even have an impact on
our chances for success.” Das bloße
Einnehmen bestimmter kraftvoller Posituren übt also unmittelbar positive Effekte auf den Testosteron- und den Cortisolspiegel aus. Man fühlt sich besser
und energetischer, die Aufmerksamkeit ist gestärkt, die Sinne sind geschärft. Das
ist zum Beispiel sehr wertvoll bei Stresssituationen wie Bewerbungsgespräche,
bei denen es um viel geht.
Dieser positive Power-Effekt wird
unter „Ausdruck“ im 3-Kreise-Modell des Living Dō erzielt.
Er ergibt sich unmittelbar und naturgemäß bei der Einnahme von Kamae (japanisch: .構え, gesprochen: Ka-ma-e; Kampfstellung, -haltung) im Living Dō-Training
und auch in den klassischen Budōdisziplinen wie zum Beispiel Jiu-Jitsu, Aikidō,
Iaidō. Kendō und Karate-Dō. Kamae drückt nach dem Prinzip „Wie innen so außen“
die innere Haltung des Budōka aus. Wenn ich innerlich schwach bin, kann ich
nach außen keine Stärke ausdrücken. Bewusstes Leben und die Zeit
Bewusstes Leben hat viele Facetten und Aspekte. Einer der wesentlichen
ist der individuelle Umgang mit der eigenen Zeit. Denn ich brauche Zeit für
mich. Für meine persönliche Entwicklung.
Deshalb befasst sich der nächste Post in KW 29 mit der Zeit und der Frage: Wo bleibt sie? Wo bleiben die 24 Stunden, die sich mir täglich bieten?
Deshalb befasst sich der nächste Post in KW 29 mit der Zeit und der Frage: Wo bleibt sie? Wo bleiben die 24 Stunden, die sich mir täglich bieten?